Habsburgs Aufstieg \(bis 1556\): Du, glückliches Österreich, heirate

Habsburgs Aufstieg \(bis 1556\): Du, glückliches Österreich, heirate
Habsburgs Aufstieg (bis 1556): Du, glückliches Österreich, heirate
 
Erster Höhepunkt
 
Mit der Wahl und Krönung Rudolfs I. 1273, eines energischen und erfolgreichen Territorialfürsten im Südwesten des Reiches, trat die Familie der Habsburger in die Reihe der Herrscherdynastien ein, obwohl Rudolf selbst kein Reichsfürst war. Die Familie lässt sich bis in die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts zurückverfolgen, der Titel »Graf von Habsburg« ist erstmals 1108 belegt. Rudolfs stärkster Rivale um den Thron und zugleich der mächtigste Reichsfürst, König Ottokar II. Přemysl von Böhmen, der auch große Teile Österreichs und Gebiete in Oberitalien beherrschte, bezeichnete Rudolf in einer an den Papst gerichteten Beschwerde denn auch als armen Grafen; eine im Vergleich zu sich selbst sicherlich richtige, sonst aber unzutreffende Charakterisierung. Der habsburgische Besitz konzentrierte sich auf das Eigengut zwischen Aare und Reuß mit der namensgebenden Habichtsburg und das Gebiet zwischen Basel und Straßburg, ergänzt bis 1273 um das Kirburger Erbe, auf das auch der Graf von Savoyen Anspruch erhob.
 
Rudolf war bei der Wahl mit 55 Jahren ein für die Zeit alter Mann. Die Kurfürsten versprachen sich aber von ihm die Gewinnung des staufischen Anhangs, ein problemloses Verhältnis zum Papsttum, das seit 1198 das Approbationsrecht für sich reklamierte, und Durchsetzungsfähigkeit bei der Revindikation, der Rückgewinnung des Reichsgutes. Die Kurstimme des Böhmenkönigs war für diese Wahl auf den Herzog von Niederbayern übertragen worden, um eine einstimmige Wahl zu ermöglichen; die Ansprüche des 1257 in einer Doppelwahl gemeinsam mit Richard von Cornwall gewählten Alfons von Kastilien überging das Kurkolleg. Neben der Revindikation blieb die Friedenssicherung eine der Hauptaufgaben des Herrschers. Ein zentrales Problem der angestrebten Revindikation lag in den wohl nur geringen Kenntnissen über den Umfang des Reichsgutes, auch wenn besonders durch die Einrichtung von Landvogteien in den staufischen Kerngebieten Erfolge erzielt werden konnten; der Übergang zum auf eigenen Territorialbesitz — die Hausmacht — gestützten Königtum fand dann im 14. Jahrhundert statt. Eingefordert werden sollten alle seit 1245, dem Jahr der Absetzung Friedrichs II., dem Reich unrechtmäßig entfremdeten Güter, mit bezeichnender Ausnahme derer, die in die Hände der Kurfürsten, unter Ausschluss des Böhmenkönigs, gelangt waren. Das Stichjahr wählte man wohl mit Rücksicht auf die Kurie, aber Rudolf konnte so dennoch direkt an die Herrschaft seines Vorgängers anknüpfen, dessen Parteigänger er geblieben war, ohne sich bei der Kurie zu diskreditieren.
 
Die Revindikationspolitik und die von Ottokar II. verweigerte Lehnsnahme boten Rudolf die Möglichkeit, rechtlich gegen diesen vorzugehen, seine Lehen aberkennen und die Reichsacht verhängen zu lassen; allerdings mussten die getroffenen Entscheidungen militärisch durchgesetzt werden. Schließlich fiel die Entscheidung 1278 in der Schlacht bei Dürnkrut; Ottokar wurde auf der Flucht erschlagen. Neben den Herzogtümern Österreich und Steiermark fielen die Windische Mark sowie Krain an die Habsburger, während Kärnten 1286 wieder an Graf Meinhard II. von Tirol ausgegeben wurde. Mit den Erwerbungen belehnte Rudolf seine Söhne Albrecht I. und Rudolf II. zur gesamten Hand, ein alemannisches Rechtsinstitut, und erhob sie gleichzeitig in den Reichsfürstenstand. Damit hatte sich der territoriale Schwerpunkt der Dynastie deutlich nach Osten in den späteren zentralen Herrschaftsbereich verschoben, die Habsburger traten das Erbe der Babenberger an. Erfolge im Arelat bzw. in Burgund kamen gleichfalls der Hausmacht zugute. In der Reichspolitik bezog Rudolf erstmals die Städte und das Bürgertum systematisch mit ein. Allerdings konnte er die Kaiserkrönung, Voraussetzung für die Krönung eines Sohnes zu seinen Lebzeiten, trotz vielfacher Bemühungen nicht erreichen. Seine Beurteilung fiel bereits bei den Zeitgenossen ambivalent aus: Einerseits ließen ihn die primär von den Bettelorden verbreiteten Anekdoten zu einem der populärsten Herrscher werden, andererseits bestand jedoch ein großes Unbehagen an seinem nüchternen Königtum — das beweist nicht zuletzt das Auftreten von Personen, die mit ihrer Behauptung Resonanz fanden, sie seien Friedrich II.
 
 Zwischen Herrschaftsausbau und Krisen
 
Nach dem Tod Rudolfs 1291 wurde zunächst Adolf von Nassau zum König gewählt. Dagegen wurde Albrecht I., Rudolfs seit 1283 die Hausgüter allein beherrschender Sohn, erst 1298 König, nachdem der abgesetzte König Adolf in der Schlacht von Göllheim getötet worden war und die Kurfürsten ihn, Albrecht, im Juli 1298 zum zweiten Mal wählten. Albrecht, in vielem das Gegenteil seines eher leutseligen Vaters und mit einem wohl weniger ansprechenden Äußeren gesegnet, ging 1301/02 wegen Verstoßes gegen die Zollbestimmungen in den Landfriedensordnungen gegen die vier rheinischen Kurfürsten militärisch vor — mit Erfolg. Die Befürchtungen, die sie wohl schon bei der Wahl hegten, bestätigten sich damit; bereits 1300 beabsichtigten sie deswegen Albrechts Absetzung. Sein Ausgreifen auf das Rheinmündungsgebiet, möglich geworden durch den erbenlosen Tod Graf Johanns von Holland, Seeland und Friesland, brach er schließlich folgenlos ab. Mit der anschließenden Konzentration auf die östlichen Reichsgebiete wurde das Eger- und Pleißnerland erworben, 1306 konnte er sogar seinen Sohn Rudolf mit dem Königreich Böhmen belehnen. Jedoch ging dieser Besitz bereits im folgenden Jahr trotz günstiger Erbverträge mit dem Tod Rudolfs wieder verloren, sodass die dortige Herrschaft vorerst eine Episode blieb; Böhmen fiel 1310 an die Luxemburger, von denen die Habsburger finanziell entschädigt wurden. Bevor Albrecht den Territorialbesitz weiter ausbauen konnte und das wohl beabsichtigte hegemoniale Königtum errichten konnte, ermordete ihn sein Neffe Johann Parricida 1308 wegen familieninterner Erbauseinandersetzungen.
 
1314 wählten die Kurfürsten sowohl Herzog Friedrich den Schönen von Österreich als auch Herzog Ludwig von Oberbayern zum König, ohne dass sich zunächst einer der beiden durchsetzen konnte; die Stadt Frankfurt am Main als Wahlort konnten beide Wählerparteien nicht betreten. Endgültig wurde die Königswahl erst in der Goldenen Bulle 1356 verbindlich geregelt: Das Mehrheitswahlrecht wurde fixiert und der Wählerkreis festgeschrieben. Eine Vorentscheidung zugunsten Ludwigs IV., des Bayern, fiel in der Schlacht von Mühldorf am Inn 1322; Friedrich geriet in bayerische Gefangenschaft. Der Konflikt Ludwigs mit der Kurie verschärfte sich jedoch nach dessen Intervention in Oberitalien und 1325 erkannte Ludwig Friedrich als Mitkönig an, ohne dass dieser jedoch in der Folgezeit in größerem Rahmen aktiv wurde.
 
 Die Herrschaft in Österreich
 
Nach dem Tod Friedrichs verzichtete sein Bruder Herzog Albrecht II., der Weise, im Vertrag von Hagenau 1330 auf eine Beteiligung an der Reichsherrschaft; er konnte so seine Kräfte auf den Ausbau der Hausterritorien konzentrieren. 1335/36 fiel Kärnten endgültig an die Habsburger. Neben der Burgenpolitik umfasste die Herrschaftsverdichtung die Einbeziehung von Allodialgütern des Adels in das Lehnssystem. Das Finanzwesen wurde ausgebaut und außerordentliche Steuern zur Geldbeschaffung ausgeschrieben, daneben sind wirtschaftspolitische Ansätze erkennbar. Die Stände waren seit dem 13. Jahrhundert an der Regierung des Landes beteiligt. Albrechts Sohn Rudolf heiratete 1353 die Tochter König Karls IV. Wenig erfolgreich war zunächst die Gründung der Universität in Wien 1365. Karl IV. wehrte sich mit Rücksicht auf Prag erfolgreich gegen die Einrichtung einer theologischen Fakultät; sie wurde erst 1384 erreicht und leitete den Aufschwung der von den Herzögen kontrollierten Institution ein.
 
Mit den Urkundenfälschungen von 1358/59, dem Privilegium maius, sicherte Herzog Rudolf IV. sich und dem Herzogtum Österreich weitgehende Sonderrechte: Unter anderem minimierten die Fälschungen die Pflichten gegenüber dem Reich, der Herzog erscheint als oberster Lehnsherr, die weibliche Thronfolge sollte beim Aussterben der männlichen Linie gelten und man erklärte die Unteilbarkeit des Landes sowie die Primogenitur (Thron- und Erbfolge durch den Erstgeborenen). Die weit reichenden Absichten konnten allerdings zunächst nicht nur wegen des Widerstands Kaiser Karls IV. nicht realisiert werden, erst der Habsburger Friedrich III. erkannte sie reichsrechtlich an. Nicht ganz eindeutig ist die Stellung der Privilegien zur Goldenen Bulle. Traditionell werden sie als Reaktion auf den Ausschluss der Habsburger von der Kurfürstenwürde bewertet, eventuell richteten sie sich auch nur gegen die Privilegierung der Wittelsbacher (als Pfalzgrafen, nicht als bayerische Herzöge) und der Böhmen.
 
Der Erwerb Tirols 1363 wurde trotz militärischen Eingreifens der Wittelsbacher, die ebenfalls Anspruch auf die Grafschaft erhoben, 1369 vertraglich gesichert und stellte die Landverbindung zwischen den westlichen und östlichen Besitzkomplexen her. Albrecht III. und Leopold III. setzten sowohl den inneren Staatsausbau als auch die Erwerbspolitik mit Gebietsarrondierungen (u. a. Vorarlberg, Freiburg im Breisgau, Triest) fort. Den Terminus »Herrschaft ze Oesterreich« löste in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts allmählich der Begriff »Haus Österreich« ab, der Dynastie und Territorium umfasste. Die auch durch die Ausdehnung der Eidgenossenschaft seit dem frühen 14. Jahrhundert (Schlacht am Morgarten, 1315) erzwungene Schwerpunktverlagerung von den Stammlanden hin nach Osten drückte sich auch in dem weiteren Ausbau Wiens zur Residenz aus. Vorsichtig passte man die unterschiedlichen Verwaltungs- und Rechtstraditionen der Herrschaftsgebiete unter Beibehaltung von Eigenheiten einander an, unterstützt durch gelehrte Juristen, denen zunehmend mehr Verwaltungsaufgaben zufielen.
 
Trotz der erklärten Unteilbarkeit und der Primogenitur nahm man 1379 eine zeittypische Realteilung vor, auch wenn man eine formale Einheit — gegenseitiges Erbrecht beim Aussterben einer Linie, gemeinsame Titelführung — festschrieb. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts waren dann nach internen militärischen Auseinandersetzungen, die schließlich durch die Stände beigelegt werden konnten, sogar drei eigenständige Gebietskomplexe vorhanden. Herzog Albrecht V. schloss sich an König Siegmund an, während die Leopoldiner Ernst der Eiserne und Friedrich IV. mit der leeren Tasche zu diesem in Opposition standen und erst 1425 einen endgültigen Ausgleich herbeiführten. In den 1380er-Jahren erweiterten die Eidgenossen ihr Territorium auf Kosten der Habsburger, deren militärische Gegenwehr (Schlacht bei Sempach, 1386, und bei Näfels, 1388) sich als unzureichend erwies; die gegenseitigen Besitzstände sicherte man sich im Waffenstillstand von 1389 zu.
 
 Der Wiedererwerb der Krone
 
Endlich zahlten sich die Heiratsverbindungen mit den Luxemburgern 1437 aus. Albrecht II., der mit der Luxemburgerin Elisabeth, der Tochter Kaiser Siegmunds, verheiratet war, wurde in Ungarn und in Böhmen, hier allerdings nicht unangefochten, Nachfolger Kaiser Siegmunds; von ihm »erbte« er schließlich 1438 auch die Reichskrone. Seine Wahl erfolgte einstimmig. Vor dem Hintergrund der Probleme in den eigenen Territorien und im Reich — der Ruf nach grundlegenden Reformen artikulierte sich deutlich — zögerte Albrecht aber zunächst, die Wahl anzunehmen. Bis zu seinem Tod im folgenden Jahr auf einem letztlich erfolglosen Feldzug gegen die vordringenden Osmanen blieb er mit den Problemen in den neu erworbenen Ländern beschäftigt. Dem zunächst auf Innerösterreich beschränkten Friedrich III., Sohn Herzog Ernsts des Eisernen, gelang es, als Erbe und Vormund zum Senior des Hauses aufzusteigen. 1440 wählten ihn die Kurfürsten zum König. Die Bevölkerung setzte durchaus Hoffnungen in Friedrichs III. Regierungsantritt, da der Name an die Staufer anknüpfte und er bei der Zählung Friedrich den Schönen überging.
 
Ein Hauptproblem war zunächst die Vertretung der Ansprüche von Ladislaus V. Postumus, nachgeborener Sohn König Albrechts II., in Böhmen und Ungarn, wo sich Georg von Podiebrad und Kunštát bzw. János Hunyadi durchsetzten. Die zahllosen inneren Konflikte der habsburgischen Linien im 15. Jahrhundert können hier nicht in allen Einzelheiten nachgezeichnet werden. Erwähnt sei lediglich, dass Friedrichs III. Bruder Albrecht ihn 1462 in der Wiener Hofburg belagerte, jedoch kurze Zeit später ohne Erben starb. Auch Matthias I. Corvinus, König von Ungarn und Böhmen, konnte Wien 1485 erobern und Friedrich vertreiben; 1487 gelangte dieser in den Besitz von Wiener Neustadt. Hauptresidenzen Friedrichs waren neben Wiener Neustadt zunächst das innerösterreichische Graz und schließlich Linz. Auf kirchenpolitischem Gebiet sicherte Friedrich den Habsburgern in Anknüpfung an seine Vorgänger wichtige Vorrechte bei der Besetzung geistlicher Stellen. Die 1442 gescheiterten Reichsreformpläne (reformatio Friderici) blieben für lange Zeit das einzige Engagement in der Reichspolitik, bevor ab 1471 neue Ansätze erkennbar sind. Lösungsmöglichkeiten konnten nur in Übereinstimmung von König und Reichsständen gefunden werden. Allerdings hielt Friedrich III. an allen denkbaren Herrscherrechten fest und versuchte, sie in Anspruch zu nehmen. Einen erheblichen Ansehensverlust brachte das Anwerben der Armagnaken 1443/44 gegen die Eidgenossenschaft, die den Südwesten des Reiches unter Einschluss der habsburgischen Besitzungen verwüsteten. Friedrichs Kaiserkrönung 1452 war die letzte in Rom.
 
Ein für den Aufstieg der Habsburger zentrales Heiratsprojekt wurde nach mehreren gescheiterten Versuchen schließlich 1476/77 realisiert: Karl der Kühne, Herzog des zur europäischen Großmacht aufgestiegenen Burgund, bekräftigte im Mai 1476, als er bereits unter erheblichem militärischen Druck der nun mit Österreich verbündeten Eidgenossenschaft (»Ewige Richtung«) stand, eidlich die Zusage zur Verlobung seiner Tochter und Universalerbin Maria von Burgund mit Friedrichs Sohn Maximilian. Der Tod Karls in der Schlacht bei Nancy im Januar 1477 führte zur Erbauseinandersetzung zwischen Frankreich unter Ludwig XI. und den Habsburgern. Zunächst sicherten die im August 1477 in Brügge geschlossene Heirat, der Sieg über ein französisches Heer 1479 und die Geburt der Kinder Philipp und Margarete die neue Dynastie gegen die innerburgundische Opposition. Nach dem Tod der Herzogin 1482 brachen die Auseinandersetzungen aber wieder auf: Die Stände forderten die Regentschaft über Philipp und lieferten Margarete nach Frankreich aus, wo sie mit dem Dauphin vermählt werden sollte; die geplante Mitgift umfasste große Teile des burgundischen Erbes. Erst nach weiteren Kämpfen — die Niederlande erlitten in diesem Zeitraum erhebliche ökonomische Einbußen — konnte Maximilian die Herausgabe seines Sohnes erzwingen, endgültig durchsetzen konnte er seine Ansprüche jedoch erst 1493 im Frieden von Senlis unter Aufgabe des Herzogtums Burgund und der Picardie, nachdem er 1488 sogar vorübergehend von Brügger Bürgern eingekerkert worden war.
 
Bereits 1486 war der 1459 geborene Maximilian zum römisch-deutschen König gewählt worden, nicht ohne versprechen zu müssen, die Regierungsgewalt des Kaisers nicht zu beschränken. Ab 1489 konzentrierte sich Maximilian auf die österreichischen Besitztümer. 1490 gelang es ihm, seinen Onkel Siegmund zur Abtretung Tirols mit seinen reichen Bergschätzen zu bewegen. Mit dem Tod des Matthias Corvinus 1490 war auch die ungarische Gefahr gebannt, allerdings konnte Maximilian nicht, wie 1463 vereinbart, seine Nachfolge antreten. Der Böhmenkönig Wladislaw sicherte sich auch die Stephanskrone, nachdem ein Feldzug Maximilians nach der Rückeroberung Wiens wegen ausstehender Soldzahlungen abgebrochen werden musste. Auch der Friede von Preßburg von 1491 sah, wie schon der von 1463, vor, dass Wladislaw und seine männlichen Erben Könige von Ungarn blieben, beim Aussterben in der Manneslinie aber die Habsburger die Nachfolge antreten sollten.
 
Ein weiteres Heiratsprojekt scheiterte 1491: Nachdem Maximilian im Vorjahr Anna, die Herzogin der Bretagne, durch Stellvertretung geheiratet hatte, ging Karl VIII. von Frankreich in die Offensive und eroberte die Bretagne. Anna heiratete noch im Dezember des gleichen Jahres Karl, der seinerseits seine Verlobte Margarete, Tochter Maximilians, verstieß, aber in ehrenvoller Gefangenschaft behielt, und den Vater damit doppelt kränkte. Darauf reagierten die Habsburger mit der Propaganda des Brautraubs, um so die Reichsöffentlichkeit zu mobilisieren, was aber misslang, da die Stände das Heiratsprojekt als Problem der Dynastie betrachteten. Der Streit wurde in einem Zusatzvertrag zum Frieden von Senlis beigelegt, zumal Maximilian bereits auf eine Ehe mit Bianca Maria Sforza abzielte. Es handelte sich um eine politische Zweckheirat. Maximilian war an der Mitgift und am Einfluss in Oberitalien interessiert, die Sforza an der Legitimation ihrer Stellung in Mailand.
 
Auf dem Wormser Reichstag 1495 fielen zukunftsweisende Entscheidungen. Der Ewige Landfriede — die Fehde wurde prinzipiell als illegitim erklärt — wurde ebenso wie das Reichskammergericht zu dessen Wahrung beschlossen; der Gemeine Pfennig wurde zwar als Reichssteuer zur Sicherung des Reichskammergerichts festgelegt, entfaltete jedoch nicht die volle Wirkung. Den Gemeinen Pfennig leitete selbst Maximilian nicht an das Reich weiter. Maximilian gelang es, die de jure bestehenden Reichsansprüche in Oberitalien aufrechtzuerhalten, wenn auch nicht zu reaktivieren. Aber immerhin konnte sich so später Karl V. außer auf seine von Spanien ererbten Ansprüche auch auf die Reichsansprüche als Legitimation für sein dortiges Vorgehen stützen. Hier entstand in der Folge ein neues Dauerkonfliktfeld mit Frankreich bis zur politischen Selbstständigkeit Italiens im 19. Jahrhundert.
 
 Das spanische Erbe
 
Die Doppelhochzeit seiner Kinder Philipp I. und Margarete eröffnete 1496/97 auch die Thronfolge in Spanien. Philipp, der sechzehnjährig die Regentschaft in den Niederlanden (wo er von den Ständen erzogen worden war und ein distanziertes Verhältnis zu seinem Vater behielt) übernommen hatte, heiratete die spanische Infantin Johanna und Margarete (die Habsburger schlossen sich an die burgundische Namenstradition an) den Erbprinzen und letzten männlichen Thronfolger Don Juan von Spanien. Es war sicherlich ein Zufall, dass Don Juan bereits nach einem halben Jahr und auch alle weiteren Thronprätendenten relativ kurzfristig verstarben. So fielen alle spanischen Länder an Philipp und Johanna bzw. an ihren im Februar 1500 geborenen Sohn Karl, den späteren Kaiser Karl V. Philipp übernahm nach dem Tod Isabellas I., der Katholischen, 1504 das Königreich Kastilien, starb aber bereits 1506, sodass die Lage wieder offen war, zumal König Ferdinand II., in der Hoffnung auf Sicherung der eigenen Dynastie, eine neue Ehe schloss. Nach dem Tod Ferdinands 1516 konnte Karl sein Erbe, wenn auch zu Beginn nicht unangefochten, antreten. Zum raschen Erfolg wurde eine weitere Doppelhochzeit. Verehelicht wurden die Kinder des ungarischen Königs mit den Enkeln Maximilians, Ferdinand und Maria. Der Erbfall trat bereits 1526 ein und begründete die Donaumonarchie, wenn auch die Ansprüche auf die ungarische Herrschaft erst fast dreißig Jahre später durchgesetzt wurden.
 
Im Reich und in Italien war die Position Maximilians dagegen nicht unangefochten. Der Dualismus zwischen Herrscher und Reichsständen verschärfte sich. Auch die Trennung der Eidgenossenschaft vom Reich (Schwabenkrieg bzw. Schweizerkrieg) und damit der Verlust von großen Teilen der Stammlande einschließlich der Habichtsburg musste endgültig akzeptiert werden. Immerhin konnte Maximilian aber 1518/19 unter dem Einsatz erheblicher finanzieller Mittel, die größtenteils von den Fuggern kreditiert worden waren, die Wahl Karls zum künftigen König erreichen. Als Erben bezeichnete Maximilian seine Enkel Ferdinand und Karl. Zu Maximilians Lebzeiten stieg das Habsburgerreich zur Weltmacht auf, die Idee des von ihm verfolgten Weltreiches, begründet auf seiner Hausmacht in Österreich, Burgund und Spanien, war aber sicherlich rückwärts gewandt, zudem hinterließ er immense Schulden.
 
 
Karl V. wurde 1519 von den Kurfürsten zum römisch-deutschen König gewählt. In der Wahlkapitulation, einem Vertrag mit ihnen, band er sich bei zahlreichen Regierungshandlungen an ihre Zustimmung bzw. an die der Reichsstände. Die Titulatur des neuen Königs lässt die gewaltigen Dimensionen seiner Herrschaft deutlich werden, auch wenn nicht alle Titel einen realistischen Hintergrund besaßen: Römischer König, künftiger Kaiser, immer Augustus, König von Spanien, Sizilien, Jerusalem, der Balearen, der kanarischen und indianischen Inseln sowie des Festlands jenseits des Ozeans, Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, Brabant, Steyr, Kärnten, Krain, Luxemburg, Limburg, Athen und Patras, Graf von Habsburg, Flandern, Tirol, Pfalzgraf von Burgund, Hennegau, Pfirt, Roussillon, Landgraf im Elsass, Fürst in Schwaben, Herr in Asien und Afrika. Alle Ansprüche wurden durch die Person Karls zusammengehalten, ein Anachronismus vor dem Hintergrund der Nationalstaaten, und sie sollten ihn auch nicht überdauern. Insbesondere Frankreich gelangte durch die geographische Umklammerung fast zwangsläufig in einen Gegensatz zu Karl und den Habsburgern.
 
Das Reich geriet in eine Nebenrolle habsburgischer Politik. 1521 übernahm Ferdinand die Statthalterschaft im Heiligen Römischen Reich, der ebenso wie sein Bruder Karl kaum deutsch sprach. Er beauftragte den Spanier Gabriel Salamanca mit der Schuldentilgung, die äußerst umstritten verlief, da primär weniger Mächtige auf ihre Forderungen ganz oder teilweise verzichten mussten. Die Teilung der Hausgüter zwischen beiden Brüdern begründete die Trennung der Dynastie in eine österreichische und eine spanische Linie. 1530 nahm Karl V. am Augsburger Reichstag teil, die Verständigung der noch nicht formierten Konfessionsgruppen gelang aber nicht. Die Wahl Ferdinands zum römisch-deutschen König im folgenden Jahr in Köln kostete wohl noch mehr Mittel als die Wahl Karls 1519.
 
Außenpolitisch trat die Gefahr des osmanischen Vormarschs weiter in den Mittelpunkt. Belgrad fiel 1521; 1529 wurde Wien belagert und weite Teile Ungarns gingen nach und nach verloren. 1547 beendete ein Friedensvertrag zeitweise den Vormarsch. Häufig verweigerten die Reichsstände die Unterstützung oder machten sie von anderen Zugeständnissen abhängig, da sie die Auseinandersetzungen weiterhin als ein spezifisch habsburgisches Problem bewerteten. Ähnlich beurteilten sie die Kriege mit den französischen Königen um Oberitalien, aber auch um die burgundische Erbschaft, die 1559 mittelfristig mit dem Verzicht auf die Reichsrechte im heutigen Ostfrankreich gegen Zugeständnisse in Italien beigelegt werden konnten.
 
Die Brüder entfremdeten sich einander zunehmend, beschleunigt durch das Vorhaben Karls, seinen Sohn Philipp (II.) als alleinigen Nachfolger durchzusetzen. Außerdem stand Ferdinand durch seine Tätigkeit im Reich den Reichsständen deutlich näher. Erst der Sieg über den protestantischen Schmalkaldischen Bund festigte die Stellung Karls wieder. Die gewonnene Stellung ging aber nach der erfolglosen Belagerung Magdeburgs wieder verloren, zumal die Reichsstände gegen die Tendenzen Karls zur Aufrichtung einer starken kaiserlichen Macht im Reich Widerstand leisteten. An den Verhandlungen zum Augsburger Religionsfrieden 1555 — die Lutheraner wurden als zweite Konfession anerkannt — war Karl nicht mehr beteiligt. Der Kaiser dankte im Jahr darauf ab; die Anerkennung der Abdankung durch die Kurfürsten erfolgte erst 1558. Letztlich konnte Karl seine Idee eines universalen Kaisertums nicht realisieren, nach seinem Tod war das Haus in eine spanische und eine habsburgisch-»deutsche« Linie zweigeteilt.
 
Prof. Dr. Ulf Dirlmeier und Dr. Bernd Fuhrmann
 
 
Hödl, Günther: Albrecht II. Königtum, Reichsregierung und Reichsreform 1438-1439. Wien u. a. 1978.
 Hödl, Günther: Habsburg und Österreich 1273-1493. Gestalten und Gestalt des österreichischen Spätmittelalters. Wien u. a. 1988.
 
Kaiser Friedrich III. (1440-1493) in seiner Zeit, herausgegeben von Paul-Joachim Heinig. Köln u. a. 1993.
 Krieger, Karl-Friedrich: Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III. Stuttgart 1994.
 Redlich, Oswald: Rudolf von Habsburg. Das deutsche Reich nach dem Untergange des alten Kaisertums. Innsbruck 1903. Nachdruck Aalen 1965.
 
Rudolf von Habsburg. 1273-1291. Eine Königsherrschaft zwischen Tradition und Wandel, herausgegeben von Egon Boshof und Franz-Reiner Erkens. Köln u. a. 1993.
 Wiesflecker, Hermann: Kaiser Maximilian I. Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit. 5 Bände. München 1971-86.

Universal-Lexikon. 2012.

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